DIORAMA „Baustelle DDR“

Ein Bautrupp des VEB (Volkseigener Betrieb) BMK (Bau- und Montagekombinat) Kohle und Energie, Betriebsteil Hoyerswerda, Anfang der 70er Jahre bei der Arbeit.


Das BMK – Ende der fünfziger Jahre gegründet – war ein Zusammenschluss von mehreren Bau-Betrieben. Hauptaufgabe dieses DDR-weit bald größten Kombinates seiner Art war vor allem die Realisierung großer Kraftwerksprojekte. Der an Rohstoffen klamme Staat, von den Erdöl- und Erdgaslieferungen aus der UdSSR abhängig, setzte zunehmend auf die Versorgung durch die zwar energiearme aber heimische Braunkohle. Im Tagebauverfahren wurde der spröde Brennstoff der Erde entrissen – mit weitreichenden Folgen für Natur, Mensch und Umwelt. Den kilometerlangen Grabungsschluchten mussten ganze Landstriche, zahlreiche Ortschaften inbegriffen, weichen. Gigantische Abraumhalden und der künstlich abgesenkte Grundwasserspiegel waren eine weitere Belastung, ganz abgesehen von den über Jahre zum Teil ungefiltert in die Atmosphäre geblasenen Tausenden Tonnen an Verbrennungsrückständen. In der Nähe der Tagebaue entstanden riesige Kraftwerke, in denen die geförderte Kohle „verstromt“ wurde. Auf diese Weise deckte die DDR einen Großteil ihres Energiebedarfs. Durch den überirdischen Abbau kam es besonders in kalten Wintern oftmals zu Ausfällen bei der Kohlegewinnung. Zur Aufrechterhaltung der Förderung wurden in diesen Perioden regelmäßig Hunderte Wehrdienstleistende der Nationalen Volksarmee als billige Arbeitskräfte herangezogen. So wurde, und nicht nur hier, der Notfall zur Normalität des Produktionsalltags.

Wegen der schwierigen Bodenverhältnisse auf dem weitläufigen Bauareal des zukünftigen Kraftwerks ist der leitende Ingenieur Heinz mit einem kürzlich von der NVA ausgesonderten Geländewagen P2M unterwegs. Allradfahrzeuge gibt es für zivile „Bedarfsträger“ meist nur über diesen Umweg. Der Anstrich des Wagens ist noch ganz militärisch, lediglich das Betriebslogo prangt auf der Fahrertür und zeigt die neuen Nutzer. Nach ein paar weiteren Wochen Großbaustelle wird das alles ohnehin von einer dicken Staub- und Schmutzschicht bedeckt sein.

Auf der flachen Motorhaube hat Heinz einen Plan ausgebreitet, mit dem er die Arbeiten überprüfen kann. Für die Bauleute ist der Besuch des Ingenieurs eine willkommene Gelegenheit zu einer kleinen Pause. Während sich der Neuling Frank erst mal versonnen auf seine Schippe stützt, hat Bau-Profi Günther schon fast seine Zigarette der Marke F6 aufgeraucht. Beim Anzünden zitterte dem kräftigen Mann zwar etwas die Hand, doch das ist kein Wunder. Seit mehreren Stunden verfestigt er nun schon mit dem Explosionsstampfer den verfüllten Kanal, und das geht richtig auf die Knochen. Der auf den Großbaustellen „unserer Republik“ - wie es in den Zeitungen immer so schönfärberisch heißt - offenbar schon stark gebrauchte Stampfer ist ein Import aus dem Westen. Dort, in der Bundesrepublik, ist zwar laut der offiziellen SED-Propaganda „Feindesland“, aber allein die Firma Delmag in Esslingen am Neckar stellt diese effektiven, wenn auch nicht ganz sorglos zu handhabenden, brachialen Bodenverdichter her. Eine große Anzahl davon hat die DDR eingeführt und so sind sie damals auf den Baustellen in Ost- und Westdeutschland gleichermaßen systemübergreifend präsent. Vor allem den stets technikbegeisterten Kindern in beiden Staaten prägen sich diese hüpfenden, dampfenden, schwitzenden und so charakteristisch knallenden Maschinen ein, die heutzutage fast ebenso vollständig aus dem Baugewerbe verschwunden sind wie der Geländewagen P2M aus dem automobilen Gedächtnis Ostdeutschlands.