Sachsen Classic 2007 - ein Jahr danach!


Im August 2007 war es mir vergönnt, als Teilnehmer mit meinem P3 und dem Co-Piloten Dr.-Ing. Rainer Albrecht an der legendären Sachsen Classic zu starten. Das Motto lautete: "Auf den Spuren der Pioniere". Weiterhin wurde des Jubiläums "75 Jahre Auto Union" gedacht. Dementsprechend war das Hauptstarterfeld den Jubilaren und allen Vertretern der Auto Union Nachfolgeunternehmen aus West und Ost gewidmet. Allen Vertretern? Leider Nein.

Rallye mit grünen Tupfern - letztmalig?

Die Sachsen Classic 2007 wird für die Freunde der grünen Fahrzeugtypen in Erinnerung bleiben, da neben meinem P3 auch ein P2M des August-Horch-Museums Zwickau mit dabei war. Voraussetzung war jedoch, persönlich an der Strecke gewesen zu sein, denn in der allgemeinen Berichterstattung wurden diese Teilnehmer gänzlich verschwiegen. Im Jubiläumsjahr war es natürlich eine besondere Ehre, dass diese beiden Vertreter des DDR Automobilbaus gemeinsam an den Start gingen. Wo findet man bei so einer elitären Veranstaltung diese militärischen Fahrzeuge so friedlich nebeneinander? Ich meine, nirgendwo mehr.



Die Rallye war in drei anspruchsvolle Tagesetappen gegliedert:

Tag 1 war rund um Zwickau angesiedelt, wobei auf dem legendären Sachsenring eine Zwischenprüfung absolviert wurde.

Tag 2 beinhaltete die Fahrt in Richtung Dresden. Dabei waren ausgewählte Strecken durch das Erzgebirge gewählt worden, mit denen auch Stätten der sächs. Automobilindustrie gestreift wurden. Weiterhin war ein Teilabschnitt durch Tschechien zu absolvieren.

Tag 3 hatte Dresden als Start und Ziel, wobei eine große Schleife durch die Sächsische und Böhmische Schweiz mit in diese Etappe integriert war.

Start in der Mechanik-Riege

Der P3 und der P2M starteten in der sogenannten Sanduhrklasse, wo nur mechanische Stoppuhren und mechanische Wegstreckenzähler verwendet werden dürfen. Wir begnügten uns mit zwei Stoppuhren und dem guten alten Tacho vom P3, dessen Genauigkeit in Abhängigkeit der gewählten Reifenart und -größe jedem bekannt sein dürfte. Gestartet wurde entsprechend des Alters des Fahrzeuges; je älter, desto eher wurde gestartet. P2M und P3 waren deshalb eine gute Stunde voneinander getrennt. Gefahren wurde nach einem Roadbook, das sehr informativ und übersichtlich aufgebaut war. Damit es nicht zu einfach wurde, waren in jeder Tagesetappe verschiedene Wertungsprüfungen (WP) und auch ein paar geheime WP's eingefügt. Zu den einzelnen Prüfungen mussten die Zeiten und die Durchschnittsgeschwindigkeiten selbst berechnet werden. Die Vorgaben standen im Roadbook, waren aber zum Teil verschlüsselt. So hatte jedes Team im Vorfeld die eigenen Sollzeiten für jede Prüfung zu kalkulieren. Weiterhin gab es für jeden Verstoß Strafpunkte, d.h. pro Hundertstelsekunde Abweichung einen Strafpunkt! Gemessen wurde mittels Lichtschranke und Schlauch.

Tag 1: Zwickau - Bad Schlema - Oelsnitz / Erzgeb. - Hohenstein / Ernstthal - Sachsenring - Zwickau

Zwickau als traditioneller Startpunkt der Sachsen Classic empfing die Teilnehmer mit viel Sonne und zwar in flüssiger Form. Pech für die Roadster, die konstruktiv kein Dach haben. Trotzdem ging es planmäßig los. Im Vorfeld durften ausgewählte Motorräder mit auf die Etappe gehen. Sie hatten das Glück, dass sie von zwei Polizeikrädern begleitet wurden und dementsprechend zügig durch die Stadt gekommen sind.

Stau in Zwickau

Für die PKW ging es nicht so reibungslos vorwärts, denn die geplante Route entpuppte sich als Baustelle. Nicht die einzige, wie sich im Laufe der Etappe zeigte. Die erste WP erfolgte in Bad Schlema, wo sich für den ersten Tag erstaunlich viele Besucher eingefunden hatten. Ohne vorheriges Training oder irgendwelche anderen Maßnahmen klappte bei uns die erste Prüfung bestens. Die "Chemie" zwischen Pilot Heidel und Co-Pilot Dr.-Ing. Albrecht funktionierte. Der nächste Etappenpunkt führte uns nach Oelsnitz/Erzgebirge zum Bergbaumuseum. Doch, bis dahin wurden die Teams auf eine weitere Probe gestellt. Eine Baustelle mit sehr langen Ampelzeiten. Dadurch stauten sich die Fahrzeuge und die Normzeit war passé.



Auf dem Sachsenring war neben einer geheimen WP die "Sprintprüfung" abzulegen. Dabei musste jeder Teilnehmer seine eigene Sollzeit festlegen und 2 Runden lang bestätigen. Ein Vorteil für die Motorräder und für die PKW, denn Sie konnten sich auf dem Ring mal "austoben". Die beiden militärischen Vertreter hatten auf dem Ring zu kämpfen, aber für's Kämpfen sind Sie ja gebaut worden. ;> Abschluss der ersten Etappe war wieder in Zwickau, wo noch eine WP abzulegen war. Der Abend endete für die Teilnehmer leger im schönsten Jugendstilsaal von Deutschland, der "Neuen Welt", mit der Bekanntgabe der ersten Ergebnisse.

Tag 2: Zwickau - Lichtenstein / Sachs. - Wasserschloss Klaffenbach - DKW-Werk Zschopau - Seiffen - Tschechien - Altenberg / Bobbahn - Dresden

Frühzeitig ging es am Tag zwo für die ersten Teilnehmer in Zwickau los. Gleich in der ersten halben Stunde Fahrzeit gab es drei Wertungsprüfungen! Bei der dritten WP hatte ich eigentlich Heimvorteil, da ich die Strecke kenne, denn ich bin ja hier in der Region zu Hause. Trotzdem habe ich sie gründlich "vergeigt"; na ja, war halt etwas zu aufgeregt! Zum Pech gab's noch einen "Rüffel" vom Co-Piloten. Über Stollberg und Wasserschloss Klaffenbach (hat seinem Namen alle Ehre gemacht, denn kurz vorher ging ein ordentlicher Wolkenbruch hernieder und ich jagte den P3 zum Frustabbau über die vergeigte WP im Mülsengrund durch die Pfützen) ging es nach Zschopau, wo eine WP im ehemaligen DKW-Werk zu absolvieren war.



Pannenhilfe von P zu P

Zu unserem Erstaunen haben wir dort den P2M am Straßenrand getroffen. Er wollte nicht mehr. Kurze Beratung an Bord und einstimmige Meinung: den P2M bekommen wir wieder in Gang oder schleppen ihn bis zum nächsten technischen Halt, egal ob unsere Sollzeit zum Teufel geht oder nicht. Hauptsache, die beiden Grünen bleiben zusammen im Rennen! Kurz und knapp: der P2M rollte bald wieder, nachdem ich den Vergaser mit Manneskraft ausgeblasen und die Stellschraube justiert habe. Wir konnten also ohne größere Zeitverluste die Reise nach Seiffen fortsetzen. Nun gab es "Rüffel" 2 vom Co-Piloten, da der P2M eigentlich hinter uns sein sollte und nicht wieder vor uns! Spaß muss sein und ein kleiner Ehrgeiz zwischen den beiden Teams war ja nicht ganz schlecht. Ein Kampf zwischen dem "alten Hasen" und dem "Frischling". Auf dem nun gemeinsamen Abschnitt wurden der P2M und der P3 von vielen gegrüßt und einige Passanten zollten den beiden Fahrzeugen militärische Ehren. In Seiffen war große Rast und anschließend ging es über Tschechien nach Altenberg. In Tschechien war eine geheime WP auf der Krone der Staumauer einer Talsperre angesetzt. Zu erwähnen ist hierbei, dass die tschechische Polizei überall zum Wohle der Oldtimer präsent gewesen ist. So etwas wäre mal bei uns in Deutschland bei einer Oldtimerveranstaltung wünschenswert. Nach Ablegen der WP in Altenberg an der Bobbahn ging es im Müglitztal hinab in Richtung Dresden. Nach einem Schwenk über Kreischa und Freital war der Endpunkt der Etappe (mit Zeitnahme) das Ostragehege in Dresden. So konnte die Zieldurchfahrt im Stadtzentrum in Ruhe genossen werden, ohne das Kollege Stoppuhr zur Eile mahnen musste. Die Zieleinfahrt war stilecht auf der Augustusbrücke, mit Blick auf das historische Dresden bei herrlichem Sonnenschein und viel Publikum - dem Stadtfest Dresden sei Dank. Nach dem Tanken und kleineren technischen Ausbesserungen stand der Abend zur freien Verfügung.



Tag 3: Dresden - Burg Stolpen - Deutschland-Ring - Hohnstein - Prebischtor - Krasna Lipa - Bergring Lückendorf - Zittau - Cunewalde - Bischofswerda - Dresden

Der dritte und letzte Rallyetag hatte es in sich. Viele Bergetappen, anspruchsvolle Streckenführung und natürlich die längste Tagesetappe. Das bedeutete für mich, von Anfang an mit Vollgas zu fahren, da die Bergetappen für die Militärfahrzeuge doch anspruchsvoll waren, besonders die in Lückendorf. Doch dazu später mehr. Der Start erfolgte wieder auf der Augustusbrücke bei schönstem Wetter in Richtung "Blaues Wunder".

Mit Dampf durch Dresden

Da mir der Verkehr in Dresden noch aus Studienzeiten bekannt war, habe ich von Anfang an Wert auf Geschwindigkeit gelegt, umso schnell wie möglich aus dem Stadtgebiet zu kommen. Diese Entscheidung machte sich später bezahlt.



Vorbei an der Baustelle der zukünftigen Waldschlösschenbrücke mit Blick auf die Dresdner Elbschlösser ging es über das "Blaue Wunder" in die Grundstraße hinein zur ersten "Bergetappe" dieses Tages. Die Route verlief weiter über Stolpen zum legendären Deutschlandring in der Sächsischen Schweiz zur zweiten Bergetappe. Nach Passieren von Hohnstein und der Begrüßung durch den Kasper aus Holz und in Leibhaftigkeit ging es hinab ins Elbtal zum Grenzübertritt nach Tschechien wo in der Böhmische Schweiz die dritte Bergetappe auf uns wartete. Die Strecke von Hrensko nach Krasna Lipa war sehr anspruchsvoll, da die Straßen ein wenig schmaler sind und ein häufiger Licht-Schatten-Wechsel in der Waldetappe die volle Konzentration erforderte. Dabei waren dann auch die anderen Teams, die das grüne Auto im Wald über die Berge scheuchten.

Zweitaktkoller und Unfairness

Nebenbei sei erwähnt, dass seit der zweiten Etappe ein Teilnehmer ständig provoziert hat. Er behinderte Fahrzeuge mit niedrigeren Startnummern an den Kontrollpunkten, obwohl im Reglement eindeutig festgelegt war, dass niedrigere Startnummern als die eigene vorzulassen sind. Der Gipfel dieses Treibens war dann eine in der Böhmischen Schweiz folgende Aktion: ausgerechnet an der unmöglichsten Stelle auf dieser Bergstrecke musste sich dieses Team an uns vorbei drängeln! Nicht nur ich sondern auch hinter mir fahrende Teams haben die Aktion für hirnlos befunden. Später zur Rede gestellt, gab der Fahrer zur Antwort, dass er den "Gestank" des P3 nicht mehr ertragen konnte. Die Wiedergabe weiterer Details des Dialogs erspare ich mir, da mein Gegenüber nicht gerade mit fachlicher Sachkenntnis bezüglich Motor und Taktanzahl glänzte.

Tschechien mit großem Herz für Oldtimer

Weiter im Verlauf: Das Publikum an der Strecke in Tschechien war richtig aufgeputscht. Jeder Oldtimer wurde frenetisch bejubelt und begrüßt. Im Etappenort Krasna Lipa war der Teufel los. Ein Volksfest erster Güte! So etwas hatte ich bisher noch nie erlebt. Die Fahrzeuge fuhren auf dem Marktplatz wie zur Tour de France durch die Menschenmassen, natürlich in Schrittgeschwindigkeit. Empfangen mit Blasmusik, tschechischem Bier (nur für meinen Co-Piloten) und allerhand anderen Köstlichkeiten ging es weiter in Richtung Grenzübertritt nach Oybin. Dort war eine Besonderheit angedacht: eine geheime WP über die Grenze hinweg. Ich glaube, das war die erste grenzüberschreitende WP in der Geschichte einer Oldtimer - Rallye! 50 m in Tschechien und 50 m in Deutschland auf einem extra für die Veranstaltung freigegebenen Grenzübergang für Fußgänger. Anschließend ging es zur vierten Bergetappe auf den legendären Lückendorfer Bergring. Ich freute mich besonders auf diesen Abschnitt der Etappe rund um Zittau, da ich hier meinen Militärdienst abgeleistet habe und wir zur LKW Typenschulung mit Ural und Krasz über den Lückendorfer Bergring gescheucht worden sind (aber doch eher schlichen) und ich schon immer mit dem P3 mal nach Zittau an die alten Wirkungsstätten wollte. Also hatte ich gewissen Heimvorteil, da ich mich an die Gemeinheiten der Strecke erinnert habe. Heimvorteil, das hatten wir ja zur zweiten Etappe bereits. Folgt nun "Rüffel" 3 vom Co-Piloten? Nein! Alles hat gepasst und das Ergebnis war perfekt mit nur einer Hundertstel Sekunde Abweichung, sprich einem Strafpunkt! Platz 3 der Gesamtwertung für diese Etappe und Platz 1 für diese Etappe in der Klassenwertung für die Fahrzeuge der 1960er Jahre. Mein persönlich größter Erfolg bei dieser Rallye! Leider wurden dann nur die Gesamtwertung pro WP und nur der erste Platz prämiert. Schade eigentlich.



Nach der Mittagspause in Zittau ging es über Cunewalde (mit einer weiteren WP) und Bischofswerda wieder nach Dresden zurück, wo der Zieleinlauf der Sachsen Classic an der Gläsernern Manufaktur stattfand. Nach dieser Etappe war ich richtig geschlaucht und habe erst einmal etwas Ruhe gebraucht, aber nicht lange. Ein privates Begrüßungsbier und der Erfahrungsaustausch mit anderen Teams ließen die Strapazen schnell vergessen. Trotzdem wurden nach geraumer Zeit der P2M und der P3 für den Rücktransport nach Zwickau verladen und auf die Reise geschickt, bevor es zur Abschlussveranstaltung im feinen Zwirn in die Gläserne Manufaktur ging.



Fazit:

Die Sachsen Classic ist keine Oldtimerausfahrt, sondern eine anspruchsvolle Motorsportveranstaltung, der Respekt gezollt werden muss. Ich selbst habe die Rallye als FRISCHLING bestritten und habe einen respektablen Platz 95 bei 200 Teilnehmern erreicht. Diesen Platz gilt es, mit einem P3 zu verbessern, vorausgesetzt, es dürfen jemals wieder ein P3 oder auch ein P2M starten. Die Chemie auf den beiden grünen Fahrzeugen stimmte und es war ein kleiner Konkurrenzkampf ausgebrochen, wer wie die jeweiligen Wertungspunkte absolviert hatte. Alles in Allem eine gelungene Veranstaltung. Bei den Durchfahrtskontrollen und in den Pausen ist es zu interessanten, wenn auch manchmal nur kurzen Gesprächen gekommen, da einem ja die Zeit im Nacken gesessen hat. Von Tag zu Tag wurden mehr Zuschauer an der Strecke gesichtet, teils wetter- und arbeitszeitabhängig. Je näher das Wochenende gekommen ist, umso mehr Gäste waren an der Strecke. Besonders in der Lausitz ist mir aufgefallen, dass ganze Orte sich für die Durchreise der Teilnehmer gerüstet hatten. Ein Beispiel, das auch an der ersten zweiten Etappe Schule machen sollte, wenn es auch schwierig werden dürfte, an Wochentagen Interessenten an die Strecke zu bekommen.

Abschließend sei noch vermerkt, dass der Willys MB im Jahr 2007 nicht mehr an den Start ging, obwohl die Besatzung bei den vergangenen Ausgaben der Sachsen Classic sehr erfolgreich gewesen war. Ein Teil der Willys-Besatzung trat mit einem zivilen Fahrzeug zur Sachsen Classic 2007 an.

Euer Lutz